ADHS: Kurzübersicht
- Symptome: Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen, Hyperaktivität (ausgeprägte Unruhe) und Impulsivität. Je nach Ausprägung auch Verträumtheit.
- Ursachen und Risikofaktoren: Wahrscheinlich überwiegend genetisch bedingt, aber ungünstige Umwelteinflüsse als Auslöser
- Therapie: Verhaltenstherapie, evtl. in Kombination mit Medikamenten (z.B. Methylphenidat, Atomoxetin). Schulung der Eltern.
- Diagnose: Erfragen typischer Merkmale, Verhaltensbeobachtungen, Ausschluss anderer psychischer und körperlicher Krankheiten als Ursache der Auffälligkeiten
- Auswirkung von ADHS: Lern- oder berufliche Schwierigkeiten, Verhaltensstörungen, Probleme im Umgang mit Anderen
- Prognose: Bleibt als "ADS" (als mit abnehmender Hyperaktivität) häufig bis ins Erwachsenenalter bestehen. Unbehandelt drohen gravierende Folgen für das berufliche und private Leben.
ADHS: Symptome
Wenn Kinder oder Erwachsene zappelig, unkonzentriert, chaotisch und unkontrolliert impulsiv oder auch ständig verträumt sind, kann eine Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) die Ursache der Probleme sein. Im Volksmund spricht man auch vom "Zappelphilipp“.
Der ADHS-Definition zufolge geht die Störung mit folgenden Hauptsymptomen einher:
- Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche
- ausgeprägte Impulsivität
- extreme Unruhe (Hyperaktivität)
ADHS-Symptome – Drei Untergruppen
Die Symptome von ADHS können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Es treten auch nicht immer alle Anzeichen bei einem Patienten auf. Insgesamt gibt es drei Untergruppen von ADHS:
- vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ: "Zappelphilipp"
- vorwiegend aufmerksamkeitsgestörter Typ: "Hans-guck-in-die-Luft" oder "Träumsuse" (Aufmerksamkeits-Defizit-Typ, ADS)
- Mischtyp: aufmerksamkeitsgestört und hyperaktiv
In extremen Fällen von ADHS kann ein Distanz-Nähe-Problem aufkommen. Das bedeutet, dass Betroffene keine angemessene Balance zwischen Distanz und Nähe zu ihrem Umfeld herstellen können.
Entweder die Betroffenen sind übermäßig distanziert, ziehen sich zurück, reden oft laut und in Gedankensprüngen.
Oder sie suchen beziehungsweise empfinden eine übergroße Nähe. Beispielsweise sind sie extrem mitfühlend oder hören etwa bei einem für sie spannenden Vortrag so konzentriert und fokussiert zu, dass sie alles andere um sich herum vergessen.
Dementsprechend können Betroffene auf Außenstehende entweder gefühlskalt oder übermäßig sensibel wirken.
ADHS-Symptome nach Altersgruppen
ADHS gilt als angeborene Störung, die sich schon vor dem sechsten Lebensjahr bemerkbar macht. Oft bleibt sie ein Leben lang bestehen. Die ADHS-Symptome äußern sich allerdings bei Säuglingen, Kleinkindern, Jugendlichen und Erwachsenen unterschiedlich.
Frühe Anzeichen beim Säugling
Eine sichere Diagnose von ADHS ist im Säuglingsalter noch nicht möglich. Forscher haben in Langzeitstudien allerdings einen Zusammenhang zwischen ADHS und sogenannten Regulationsstörungen (Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und der Verdauung, Schlafprobleme) gefunden.
Babys mit Regulationsstörung schreien oft und lang, schlafen schlecht und lassen sich manchmal nur schwer füttern. Sie sind zudem sehr unruhig und wirken oft schlecht gelaunt. Manche Säuglinge, die später im Leben ADHS entwickeln, lehnen Körperkontakte ab.
Ein solches Verhalten kann allerdings auch ganz andere Ursachen haben. Nur etwa ein Drittel der Babys, die solche Verhaltensweisen zeigen, erhält später die Diagnose ADHS.
ADHS-Symptome im Kleinkindalter
Auch bei Kleinkindern ist ADHS nur schwer zu erkennen. Ein ADHS-Kleinkind schreit in der Regel sehr viel, hat keine Lust zu spielen und nur eine geringe Fähigkeit zur Aufmerksamkeit. Typische ADHS-Symptome sind in diesem Alter ausgeprägte motorische Unruhe und Rastlosigkeit.
Soziale Probleme: ADHS belastet das Kind und seine Eltern oft gleichermaßen. Betroffene Kinder finden durch ihr störendes Verhalten nur schlecht Anschluss. Sie haben Probleme, sich mit anderen Kindern anzufreunden.
Schlechte Konzentrationsfähigkeit: Kleinkinder mit ADHS haben große Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf eine ruhige Aktivität zu konzentrieren. Nach kurzer Zeit wechseln sie von einem Spiel zum nächsten. Eine Folge ihres unberechenbaren Verhaltens können auch häufigere Unfälle sein.
Ausgeprägte Trotzphase: Auch die Trotzphase verläuft bei ADHS-Kindern heftiger als bei anderen Kindern. Die Betroffenen platzen oft mitten in Gespräche hinein. Manche strapazieren auch die Geduld ihrer Eltern, indem sie ständig Geräusche produzieren.
Auffälliger Spracherwerb: Der Spracherwerb bei Kleinkindern mit ADHS geschieht entweder auffallend früh oder aber verzögert.
Mangelnde Bewegungskoordination: Der Umgang mit Bastelwerkzeugen ist für viele Kinder mit ADHS aufgrund ihrer mangelnden fein- und grobmotorischen Koordination schwierig.
ADHS-Symptome im Grundschulalter
Zu den häufigsten ADHS-Symptomen in diesem Alter zählen:
- geringe Frustrationstoleranz und Wutanfälle, wenn Dinge nicht nach dem eigenen Willen laufen
- unpassende Mimik und Gestik
- Übermäßig vieles Sprechen und anderen ins Wort Fallen
- Ungeschicklichkeit und häufige Unfälle beim Spielen
- geringes Selbstbewusstsein
- kann sich schwer an Regeln halten (in der Schule gelten betroffene Kinder daher oft als "Nervensägen" und "Spielverderber")
- langsames und unsystematisches Aufgabenlösen
- schnell Ablenkbarkeit
- Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche
- oft schlecht leserliche Schrift und chaotisches Ordnungsverhalten
Alle diese Symptome machen Grundschulkinder mit ADHS oft zu Außenseitern.
Für die Lehrer sind ADHS-Anzeichen wie das Stören im Unterricht und die starke Ablenkbarkeit eine Herausforderung. Nicht jedes betroffene Kind zappelt ständig, aber alle Kinder mit dem ADHS-Syndrom fallen aus dem Rahmen.
ADHS-Symptome im Jugendalter
Jugendliche mit ADHS sind weiterhin unaufmerksam und entwickeln oft eine „Null-Bock-Mentalität“. Sie verweigern erforderliche Leistungen und flüchten sich in eine aggressive Anti-Haltung. Bis zu einem gewissen Grad sind solche Verhaltensweisen in der Pubertät zwar ohnehin nicht unüblich, bei ADHS sind diese jedoch deutlich ausgeprägter.
Darüber hinaus neigen Jugendliche mit ADHS zu risikoreichem Verhalten und fühlen sich häufig zu sozialen Randgruppen hingezogen. Oft spielen dabei Alkohol und Drogen eine Rolle. Viele leiden unter einem geringen Selbstbewusstsein, manche erleben starke Ängste und auch Depressionen.
Es gibt aber auch Jugendliche, bei denen sich die Symptome verbessern - Unruhe und Impulsivität nehmen ab.
ADHS-Symptome bei Erwachsenen
Die überschießende Motorik verliert sich ab der Pubertät meist. Hyperaktivität spielt bei ADHS im Erwachsenenalter also im Allgemeinen nur noch eine untergeordnete Rolle. Deshalb spricht man hier oft nur von ADS (Aufmerkamskeitsdefizit-Störung - siehe unten).
Im Vordergrund steht nun meist Schusseligkeit, Vergesslichkeit oder Unorganisiertheit. Auch Symptome wie impulsives Verhalten und unüberlegte Handlungen sind weiterhin vorhanden.
Problematisch ist, dass ADHS im Erwachsenenalter häufig nicht erkannt wird. Die Symptome bestehen dann schon so lange, dass sie als Teil der Persönlichkeit wahrgenommen werden.
Wird die Störung aber nicht behandelt, kann das für die Betroffenen gravierende Auswirkungen auf soziale Kontakte, berufliche Laufbahn und die Lebenszufriedenheit haben. Durch ihre Impulsivität und unüberlegtes Handeln gehen sie oft unnötige Risiken ein und schaden sich selbst.
Häufig entwickeln sich zusätzliche psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Substanzmissbrauch oder Suchterkrankungen.
Gelingt es ihnen, den ADHS-typischen Ideenreichtum zu steuern und zu nutzen, können Erwachsene mit ADHS im Leben aber auch ausgesprochen erfolgreich sein.
Mehr zu ADHS im Erwachsenenalter finden Sie im Text ADHS-Erwachsene.
Positive Symptome: ADHS kann auch Vorteile haben
ADHS kann auch positive Seiten mit sich bringen. Menschen mit ADHS sind geistig oft sehr beweglich und können äußerst kreativ sein. Finden sie eine Aufgabe, die sie begeistert, sind sie hoch motiviert und ausgesprochen leistungsfähig. In dem Fall können sie ihre volle Aufmerksamkeit auf eine Sache richten und sehr erfolgreich sein.
Außerdem haben sie einen guten Zugang zu ihren Gefühlen und gelten als sehr hilfsbereit. Auch ihr Gerechtigkeitssinn ist stark ausgeprägt.
Trotz der vielen Schwierigkeiten, die Menschen mit ADHS aufgrund ihrer Symptome haben, finden sie oftmals erstaunliche Wege, damit zurechtzukommen.
Unterschied ADS - ADHS
Menschen mit einem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) sind zwar unaufmerksam und können sich schlecht konzentrieren - sie sind aber nicht hyperaktiv. Damit entsprechen sie dem "verträumten" Subtyp von ADHS. Einen grundlegenden Unterschied zwischen ADS und ADHS gibt es also nicht.
ADS-Kinder fallen weniger stark auf als ihre hyperaktiven Leidensgenossen. Die Störung wird bei ihnen darum häufig nicht erkannt. Sie haben aber ebenfalls große Schwierigkeiten in der Schule. Außerdem sind sie sehr sensibel und schnell gekränkt.
ADHS und Autismus
ADHS und Autismus treten sehr häufig gemeinsam auf. Wegen der ähnlichen Symptome ist es allerdings schwierig, die beiden Diagnosen auseinanderzuhalten. Oft lässt sich zum Beispiel nicht genau sagen, ob ein bestimmtes Symptom zu ADHS gehört oder vielmehr die Diagnose Autismus bestärkt.
ADHS: Ursachen und Risikofaktoren
Warum manche Kinder ADHS entwickeln, ist bislang nicht genau geklärt. Fest steht, dass das Erbgut einen großen Einfluss hat. Zudem können Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen sowie Umweltfaktoren eine Rolle spielen.
Der entscheidende Mechanismus bei der Entstehung von ADHS sind hirnorganische Veränderungen. Bei einer entsprechenden genetischen Veranlagung können dann Umweltfaktoren zum Auslöser von ADHS werden.
ADHS ist übrigens keine moderne Zivilisationskrankheit, wie früher oft angenommen wurde. Sie wird nicht durch falsche Erziehung, schlechte Ernährung oder exzessiven Medienkonsum verursacht. Diese Faktoren können zwar einen ungünstigen Einfluss auf die Erkrankung haben, sind jedoch nicht die eigentliche Ursache.
Genetische Ursachen
Forscher gehen davon aus, dass die Gene einen Anteil von 70 Prozent an der Entstehung von ADHS haben. In vielen Fällen leiden Eltern, Geschwister oder andere Verwandte ebenfalls an ADHS.
Das Risiko für ADHS ist vor allem für Jungen deutlich erhöht, wenn ein Elternteil an der Störung leidet.
Signalstörung im Kopf
Wissenschaftler vermuten vor allem Fehlfunktionen im Gehirn als Ursache von ADHS. Bestimmte Regionen sind zu wenig aktiv - sie liegen in einer Art "Dornröschenschlaf". Dazu gehören die Frontallappen sowie bestimmte Areale der Basalganglien und das Kleinhirn.
Diese Gehirnabschnitte sind für Aufmerksamkeit, Ausführung und Planung, Konzentration und Wahrnehmung verantwortlich. Bei ADHS ist in diesen Hirnregionen die Konzentration spezieller Botenstoffe zu gering, die zur Kommunikation der Nervenzellen nötig sind.
Dazu gehören Serotonin, das die Impulskontrolle regelt, sowie Noradrenalin und Dopamin, die wichtig für Aufmerksamkeit, Antrieb und Motivation sind.
Fehlende Filter
Jede Sekunde gelangen unzählige Informationen in unser Gehirn, doch nur einige davon werden uns bewusst. Ein Filter schützt vor Reizüberflutungen und hilft, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Bei ADHS/ADS-Kindern filtert das Gehirn unwichtige Informationen nur unzureichend heraus. Das Gehirn der Betroffenen ist dann mit zu vielen unterschiedlichen Reizen gleichzeitig konfrontiert und damit überfordert.
Die Betroffenen können sich deshalb nur schwer konzentrieren. Die ungefilterte Informationsflut macht sie unruhig und angespannt. Zeigt der Lehrer etwas an der Tafel, wird das Kind bereits durch die Geräusche seiner Mitschüler davon abgelenkt.
Kinder mit ADS ohne Hyperaktivität verhalten sich zwar eher ruhig, haben aber ebensolche Schwierigkeiten, aufmerksam zu sein, wie der klassische "Zappelphilipp".
Umwelteinflüsse
Auch Umweltgifte und Nahrungsmittelallergien stehen im Verdacht, ADHS und ADS mit zu verursachen. Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft sowie ein Sauerstoffmangel bei der Geburt, Frühgeburt und ein geringes Geburtsgewicht erhöhen ebenfalls das Risiko eines Kindes, an ADHS zu erkranken.
Die äußeren Umstände, unter denen ein Kind aufwächst, können den Verlauf der Störung beeinflussen. Beispiele für ungünstige Bedingungen sind
- wenig emotionale Zuwendung, extreme Vernachlässigung
- Unterbringung in Heimen
- beengte Wohnverhältnisse
- ständiges Streiten der Eltern
- unvollständige Familie, d.h. Aufwachsen mit nur einem Elternteil oder ganz ohne Eltern
- psychische Erkrankungen der Eltern
- negatives Erziehungsverhalten der Eltern, besonders der Mutter
- Lärm
- fehlende oder nicht durchschaubare Strukturen
- Bewegungsmangel
- Zeitdruck
- hoher Medienkonsum
ADHS: Therapie
Trotz teilweise sehr guter Therapiemethoden ist ADHS nicht heilbar. Durch die individuell angepasste Kombination verschiedener Therapiebausteine lassen sich aber die Symptome lindern beziehungsweise stabilisieren, sodass ein langfristig kaum eingeschränktes Leben möglich ist.
Folgende Bausteine sind grundsätzlich für eine erfolgreiche ADHS-Behandlung bei Kindern wichtig:
- Aufklärung und Beratung der Eltern, des Kindes/Jugendlichen und des Erziehers beziehungsweise des Klassenlehrers
- Zusammenarbeit mit Erziehern und Lehrern (Kindergarten, Schule)
- Elterntraining, Miteinbeziehen der Familie (einschließlich Familientherapie), um die Symptomatik im familiären Umfeld zu vermindern
- Kognitive Verhaltenstherapie des Kindes/Jugendlichen (ab dem Schulalter): Impulsives und unorganisiertes Verhalten kontrollieren lernen und Selbstmanagement lernen (Umgang mit Problemverhalten)
- Medikamente (meist Amphetamine wie Methylphenidat), um Symptome in der Schule, im Kindergarten, im Familienkreis oder in anderen Umgebungen zu vermindern
Sehr bewährt hat sich die Kombination aus Medikamenten, Verhaltenstherapie und Elterntraining. Welche Bausteine aber im Einzelfall eingesetzt oder kombiniert werden, hängt vom Alter des Kindes und der Ausprägung des ADHS ab.
ADHS-Therapie je nach Alter
Die ADHS-Behandlung wird an das Alter des Betroffenen angepasst. Das liegt zum Beispiel daran, dass einige Medikamente erst ab einem bestimmten Alter zugelassen oder wirksam sind. Zudem sind jüngere Kinder psychisch noch nicht ausgereift, sodass Mediziner hier die noch ausstehende Entwicklung berücksichtigen müssen.
Therapie im Vorschulalter
Im Vorschulalter stehen vor allem das Elterntraining sowie die Aufklärung des Umfeldes über die Störung im Vordergrund. Eine kognitive Therapie ist in diesem Alter noch nicht möglich.
Haben die Kinder Schwierigkeiten, längere Zeit bei einer Sache zu bleiben, kann ein Spieltraining diese Fähigkeit fördern. Einige Kliniken bieten eine spezielle Mutter-Kind-Kur an. ADHS wird in diesen Kliniken unter anderem mit einer Kombination aus Lerntraining und Beziehungsarbeit behandelt.
Experten warnen davor, bereits Vorschulkinder mit Medikamenten gegen ADHS zu behandeln. Für den Einsatz von Methylphenidat bei Kindern unter sechs Jahren liegen bisher nur wenige Erfahrungen vor. Es ist unklar, wie sich Medikamente wie Methylphenidat auf die kindliche Entwicklung auswirken. Manche Fachleute befürchten, dass ADHS-Medikamente die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen.
Therapie im Schul- und Jugendalter
Im Schul- und Jugendalter sind die Aufklärung und Beratung der Kinder und Eltern sowie das Elterntraining die Grundlage der Therapie.
Eine wichtige erste Maßnahme ist das sogenannte Selbstinstruktionstraining. In einer sprachlichen Selbstanweisung geben sich die Kinder ihre nächsten Handlungsschritte vor.
Das Motto „Erst Handeln, dann Denken" wird so umgekehrt zu „Erst denken, dann Handeln“. Die Fähigkeit, sich selbst konkrete Anweisungen zu geben, stärkt die Selbstkontrolle und hilft, das eigene Verhalten zu überdenken.
In fünf Schritten lässt sich die Selbstinstruktion zur Behandlung von ADHS erlernen:
- Der Therapeut oder Erzieher spricht die "Selbstanweisungen" modellhaft vor und handelt auch entsprechend.
- Das Kind handelt nach den gerade gehörten Anweisungen des Lehrers (externe Verhaltenssteuerung).
- Das Kind lenkt sein Verhalten durch eigene Selbstanweisungen mit lautem Sprechen (offene Selbstinstruktion) .
- Das Kind flüstert die Selbstanweisung (ausgeblendete Selbstinstruktion).
- Das Kind soll lernen, sich durch das Einüben der verinnerlichten Selbstinstruktion selbst zu steuern (verdeckte Selbstinstruktion).
Sind Kinder / Jugendliche trotz Therapien und Training extrem unruhig oder aggressiv, können zusätzlich Medikamente sinnvoll sein.
Verhaltenstherapie bei ADHS
Die Verhaltenstherapie umfasst die Zusammenarbeit mit den Kindern, deren Eltern und auch der Schule. Die Kinder lernen, ihren Alltag zu strukturieren und ihr Verhalten besser zu kontrollieren. In vielen Fällen ist es sinnvoll, dass ein professioneller Helfer die Kinder einige Zeit auch in der Schule unterstützt.
Auch das Üben in Modellsituationen kann hilfreich sein. Im Rahmen von Rollenspielen, zum Beispiel unter Gleichaltrigen, üben ADHS-Kinder in einer praxisnahen Situation ein Verhalten, das sie später auch zu Hause oder in der Schule anwenden können. Erleben sie dabei Anerkennung, werden sie das neue Verhaltensmuster schnell in ihr Repertoire aufnehmen.
Elterntraining bei ADHS
Ein wichtiger Bestandteil der ADHS-Therapie ist das Elterntraining. Um ihre Sprösslinge besser zu unterstützen, lernen die Eltern einen konsequenten, aber liebevollen Erziehungsstil. Dazu gehören unter anderem:
klare Strukturen vorgeben, sich unmissverständlich ausdrücken
eigenes Verhalten mit den Anweisungen in Übereinstimmung bringen
Ablenkungen von einer gerade anstehenden Aufgabe vermeiden
Rückmeldung geben, ob sie das Verhalten des Kindes positiv oder negativ finden
erwünschtes Verhalten deutlich erkennbar belohnen
Viele Eltern suchen auch Hilfe bei Elterninitiativen. Der Austausch mit anderen hilft ihnen aus der Isolation und kann mögliche Schuldgefühle reduzieren. Oft schaffen Eltern von ADHS-Kindern es erst dank des Rückhalts durch die Gruppen, ihr hyperaktives Kind so zu akzeptieren, wie es ist.
Medikamente bei ADHS
Medikamente zur Behandlung von ADHS können bei stark ausgeprägten ADHS-Symptomen helfen, die sonst erhebliche Schwierigkeiten im Alltag verursachen. Sie wirken meist schnell und gut. Bei starken Verhaltensproblemen schaffen sie oft erst die Voraussetzung für eine Verhaltenstherapie.
In weniger ausgeprägten Fällen sollten ADHS-Kinder erst dann Medikamente erhalten, wenn eine verhaltenstherapeutische Behandlung nicht ausreicht.
Wichtig ist: Medikamente können ADHS nicht heilen, aber Symptome lindern. Dafür müssen sie regelmäßig eingenommen werden. Viele Betroffene nehmen die Medikamente über Jahre, manchmal auch bis ins Erwachsenenalter ein.
Mindestens einmal im Jahr sollte der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin den Verlauf der Störung überprüfen und feststellen, ob Wirkstoff und Dosis für den Betroffenen noch optimal sind. Haben sich die ADHS-Symptome über einen längeren Zeitraum deutlich gebessert, können die Medikamente möglicherweise abgesetzt werden (in ärztlicher Absprache).
ADHS-Medikamente sollten nicht auf eigene Faust abgesetzt werden!
Methylphenidat
Das am häufigsten eingesetzte Medikament zur Behandlung von ADHS ist Methylphenidat. Es ist vor allem unter den Handelsnamen Ritalin und Medikinet bekannt.
Der Wirkstoff ist kein Beruhigungsmittel, sondern ein sogenanntes Psychostimulans aus der Gruppe der Amphetamine. Als solches fördert er die Aktivität. Dies scheint zunächst widersprüchlich, da Kinder mit ADHS ohnehin hyperaktiv sind. Sein Einsatz macht aber dennoch Sinn:
Methylphenidat erhöht die Konzentration des Nervenbotenstoffs Dopamin im Gehirn. Dieser spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Bewegungen, ist aber auch wichtig für den psychischen Antrieb und die Konzentrationsfähigkeit.
Bei den meisten ADHS-Kindern mindert Methylphenidat auf diese Weise Unaufmerksamkeit und Ruhelosigkeit und verbessert ihre Konzentration. Manchen Kindern ermöglicht Methylphenidat überhaupt erst die Teilnahme am Unterricht und erleichtert erheblich die sozialen Kontakte.
Schneller Wirkeintritt: Methylphenidat wirkt schnell. Schon nach einer Stunde spüren die Anwender eine deutliche Wirkung.
Individuell angepasste Dosierung: Zu Beginn der Therapie ermittelt der Arzt oder die Ärztin die niedrigste Methylphenidat-Dosis, die bei der Patientin oder beim Patienten wirksam ist. Dazu fängt man mit einer ganz niedrigen Dosis an und steigert diese nach ärztlicher Anweisung langsam - so lange, bis sich der gewünschte Effekt einstellt.
Diese Zieldosis ist individuell verschieden: Manche ADHS-Betroffene brauchen eine einzige, niedrig dosierte Tablette pro Tag, während andere bis hin zu drei hoch dosierte Tabletten täglich einnehmen.
Für ADHS-Kinder, die eine ganztägige Stabilisierung brauchen, eignen sich Retard-Tabletten, die einmalig morgens eingenommen werden. Sie setzen den Wirkstoff kontinuierlich über den ganzen Tag frei. Die regelmäßige Tabletteneinnahme wird nicht so leicht vergessen. Auch Schlafstörungen treten seltener auf.
Gesetzliche Regelung: Methylphenidat fällt unter das Betäubungsmittelgesetz (Deutschland, Schweiz) beziehungsweise das Suchtmittelgesetz (Österreich). Um Missbrauch zu verhindern, dürfen Mediziner solche Medikamente nur für einen begrenzten Zeitraum und nur auf einem speziellen Rezeptformular (Betäubungsmittel- beziehungsweise Suchtgiftrezept) verschreiben. Eine körperlich süchtigmachende Wirkung hat Methylphenidat aber nicht.
Bei sachgemäßer Anwendung unter ärztlicher Aufsicht sind die Risiken von Betäubungsmitteln beziehungsweise Suchtgiften gering. Bei missbräuchlicher Anwendung können sie jedoch die Gesundheit gefährden - etwa wenn Methylphenidat zum “Gehirn-Doping” (also zum Verbessern der Hirnleistung) eingenommen wird.
Atomoxetin
Ein neuerer Wirkstoff zur Behandlung von ADHS ist Atomoxetin. Er wirkt tendenziell etwas weniger gut als Methylphenidat, bietet aber eine Alternative.
Atomoxetin steigert vor allem die Konzentration des Nervenbotenstoffes Noradrenalin im Gehirn, indem es dessen Abbau verlangsamt. Der Botenstoff bleibt so länger aktiv und verbessert so die Signalübertragung im Gehirn.
Anders als Methylphenidat fällt Atomoxetin nicht unter das Betäubungsmittel- beziehungsweise Suchtgiftgesetz. Es ist ab einem Alter von sechs Jahren für die Behandlung von ADHS zugelassen.
Substanz | Methylphenidat | Atomoxetin |
Wirkungsweise | Wirkt auf den Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn, erhöht Dopaminkonzentration | Beeinflusst Noradrenalin(NA)-Stoffwechsel, NA wird langsamer in die Zelle wiederaufgenommen und wirkt so länger |
Wirksamkeit | Hilft in der Mehrheit der Fälle | Effektivität eher geringer als die von Methylphenidat, kann bei Patienten wirksam sein, die nicht auf Methylphenidat ansprechen |
Wirkdauer | 1 bis 3 Gaben pro Tag, neuere Retardpräparate gewährleisten Wirkdauer von 6 bzw. 12 Stunden | Kontinuierliche Wirkung über den gesamten Tag |
Erfahrung | Seit mehr als 50 Jahren | Seit den 2000er Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugelassen. Studienerfahrung seit 1998 |
Nebenwirkungen | In der Anfangsphase für 2-3 Wochen: - Kopfschmerzen Häufig: Selten: | Vor allem in der Anfangsphase: - Kopfschmerzen Häufig: - verminderter Appetit Gelegentlich: Selten: |
Spätfolgen | Keine erhöhte Rate von Spätfolgen, Befürchtungen wegen Parkinson-Erkrankung oder Hirnschäden nicht belegbar. | Spätfolgen noch nicht absehbar |
Suchtgefahr | Richtig angewendet keine erhöhte Suchtgefahr; wird bei ADHS sogar reduziert (Verlaufsstudien). | Keine Suchtgefahr |
Gegenanzeigen | - epileptische Anfallsleiden - Angst und Anspannung - erhöhter Augeninnendruck - Tourette-Syndrom - gleichzeitige Einnahme von Medikamenten aus der Arzneimittelgruppe der MAO-Hemmer zur Behandlung von Depressionen - Schilddrüsenüberfunktion - schwere Angina pectoris - Herzrhythmusstörungen - Schwerer Bluthochdruck - schwere Depressionen - Magersucht - Psychosen - Tic-Störungen - Medikamentenmissbrauch - Alkohol- oder Drogenmissbrauch - Schwangerschaft und Stillzeit - Prostatavergrößerung - kürzlich aufgetretener Schlaganfall | - gleichzeitige Einnahme von Medikamenten aus der Arzneimittelgruppe der MAO-Hemmer zur Behandlung von Depressionen - erhöhter Augeninnendruck (Engwinkelglaukom) |
Verordnung | Betäubungsmittel- / Suchtgift-Rezept, für Reisen ins Ausland Bestätigung des behandelnden Arztes erforderlich. | Normales Rezept |
Weitere Medikamente
Wenn Methylphenidat und Atomoxetin nicht ausreichend wirken, können auch verschiedene Neuroleptika, Antidepressiva, Beruhigungsmittel und weitere Amphetamine sowie Fenetyllin und Pemolin verordnet werden.
ADHS-Therapie am Computer – Neurofeedback
Das Neurofeedback ist ein Verfahren auf verhaltenstherapeutischer Basis. Dabei lernt man, die eigenen Hirnaktivitäten positiv zu beeinflussen. Die Methode kann bei Kindern über sechs Jahren und Jugendlichen eingesetzt werden, wenn andere, wirkungsvollere Therapien dadurch nicht verzögert oder behindert werden.
Beim Neurofeedback werden Elektroden auf die Kopfhaut eines Patienten geklebt, die seine Gehirnströme ablesen, sodass sie auf einem Monitor sichtbar werden. Diese Messung nennt sich auch Elektroenzephalografie (EEG).
Durch Konzentration gelingt es dem Patienten, seine Gehirnaktivität auf einem bestimmten Level zu halten. Bei längerem Training lässt sich die erlernte Fähigkeit dann auch im Alltag, in der Schule oder im Beruf anwenden.
Für viele Kinder und Jugendliche ist das Neurofeedback eine effektive Methode zur Konzentrationssteigerung. Es umfasst mindestens 25 bis 30 Sitzungen mit Überprüfungen des Erfolgs durch das Kind / den Jugendlichen und die Eltern.
Nach neuesten Untersuchungen hält der Erfolg eines Neurofeedback-Trainings auch nach sechs Monaten unverändert an.
Homöopathie in der ADHS-Therapie
Es gibt auch alternative Versuche zur Behandlung von ADHS. Sie können die schulmedizinische Therapie ergänzen. Eine davon ist die Homöopathie. Manche Eltern und Patienten berichten von einer Verbesserung der Symptome. Die Auswahl an homöopathischen Mitteln ist groß. Abhängig von den Symptomen stehen Globuli auf Basis von Kalium phosphoricum, das die Konzentrationsfähigkeit fördern soll, bis hin zu Sulfur, das bei Impulsivität und Energieüberschuss gegeben wird, zur Verfügung.
Ernährung bei ADHS
Grundsätzlich sollte auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährung geachtet werden. Manche Eltern berichten, dass Fast Food und eine zuckerhaltige Ernährung die Hyperaktivität ihrer Kinder zusätzlich steigert. Wissenschaftlich sind die Zusammenhänge zwischen einer solchen Ernährung und ADHS nicht eindeutig belegt. Der Verzicht auf künstliche Farbstoffe und andere Nahrungszusätze kann jedoch bei einigen Patienten hilfreich sein. Das Führen eines Ernährungsprotokolls mit Protokollieren von aufgetretenen ADHS-Symptomen kann den Zusammenhang mit Ernährung bestätigen oder widerlegen. Ein Ernährungsberater sollte dann hinzu gezogen werden, um Mangelerscheinungen und Folgeschäden zu vermeiden.
Anders ist es bei Kindern, die sowohl unter ADHS als auch einer Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie leiden. In diesen Fällen bessert eine allergenarme Ernährung bei vielen Kindern die Symptome von ADHS. Ernährung kann dann einen positiven Beitrag leisten. Zusätzlich zur Standardbehandlung empfehlen Ärzte daher oft eine Ernährungsumstellung. Einige Nahrungsmittel, die häufig Allergien auslösen, sind zum Beispiel Milchprodukte, Eier, Nüsse sowie Farb- und Konservierungsstoffe.
Die Gabe von Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren kann nach neuesten Erkenntnissen weder bei Kindern oder Jugendlichen noch bei Erwachsenen empfohlen werden.
ADHS: Krankheitsverlauf und Prognose
Die Aufmerksamkeitsstörung, auch hyperkinetische Störung genannt, ist teilweise schwer von anderen Verhaltensauffälligkeiten abzugrenzen. Darum gibt es keine genauen Zahlen zur Häufigkeit von ADHS. Schätzungsweise leiden in Deutschland etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von drei bis 17 Jahren unter ADHS. Jungen sind vier Mal häufiger betroffen als Mädchen. Mit zunehmendem Alter gleicht sich der Geschlechterunterschied wieder aus.
ADHS ist keine Erkrankung, die sich einfach "auswächst". Bei einem Teil der Kinder verschwinden die Symptome mit den Jahren, etwa 60 Prozent begleiten sie jedoch ein Leben lang.
ADHS unbehandelt - die Folgen
Für Menschen mit ADHS sind die richtige Diagnose und eine passende Behandlung essenziell, da sie sonst schwerwiegende Probleme in der Schule oder im Beruf sowie im sozialen Kontakt haben.
- Manche schaffen die Schule nicht oder erlernen einen Beruf, der nicht ihren geistigen Fähigkeiten entspricht.
- Es fällt einigen schwerer, soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
- Das Risiko, in der Jugend straffällig zu werden, ist höher.
- Sie erleiden häufiger Unfälle, darunter auch schwere.
Für Menschen mit ADHS besteht zudem ein hohes Risiko, weitere psychischen Störungen zu entwickeln. Dazu gehören
- Entwicklungsstörungen
- Lernstörungen
- Störungen des Sozialverhaltens
- Tic-Störungen und das Tourettesyndrom
- Angststörungen
- Depressionen
Im Verlauf einer ADHS-Erkrankung ändern sich die Symptome. Während Kinder mit ADHS vor allem durch ihre Hyperaktivität und Impulsivität auffallen, zeigen sich Jugendliche mit ADHS oft eher verträumt und unaufmerksam. Im Erwachsenenalter nimmt die Hyperaktivität meist weiter ab.
Bisher gibt es noch keine umfassenden Studien zur Prognose von ADHS. Wichtig ist, dass ADHS rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Eine professionelle Unterstützung ermöglicht es Kindern, die Grundlagen für ihre berufliche Laufbahn zu legen.
Homöopathie bei ADHS
Es gibt auch alternative Versuche zur Behandlung von ADHS. Sie können die schulmedizinische Therapie ergänzen.
Eine der alternativen Heilmethoden, die bei ADHS Anwendung finden, ist die Homöopathie. Manche Betroffene beziehungsweise deren Eltern berichten von einer Verbesserung der ADHS-Symptome bei Einnahme von Homöopathika.
Die Auswahl an homöopathischen Mitteln, die hier in Betracht komen, ist groß. Abhängig von den Symptomen verwendet man Globuli auf Basis von Kalium phosphoricum (soll die Konzentrationsfähigkeit fördern) bis hin zu Sulfur (soll bei Impulsivität und Energieüberschuss helfen).
Ernährung bei ADHS
Grundsätzlich ist für Menschen mit ADHS (ebenso wie Menschen ohne diese Störung) eine ausgewogene und vollwertige Ernährung ratsam. Manche Eltern berichten, dass Fast Food und eine zuckerhaltige Ernährung die Hyperaktivität betroffener Kinder zusätzlich steigert. Die Zusammenhänge zwischen einer solchen ungesunden Ernährung und ADHS sind wissenschaftlich aber nicht eindeutig belegt.
Der Verzicht auf künstliche Farbstoffe und andere Nahrungszusätze kann bei einigen ADHS-Betroffenen hilfreich sein.Mithilfe eines Ernährungsprotokolls, wo man auch auftretende ADHS-Symptome notiert, lässt sich ein bestehender Zusammenhang mit der Ernährung bestätigen oder widerlegen.
Falls man bestimmte Lebensmittel vom Speiseplan streichen will, weil sie offenbar die ADHS-Symptome verstärken, kann eine Rücksprache mit einem Ernährungsberater oder einer Ernährungsberaterin sinnvoll sein - um Mangelerscheinungen und Folgeschäden durch die eingeschränkte Ernährung zu vermeiden.
Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit
Manche Kinder leiden sowohl unter ADHS als auch einer Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie. In diesen Fällen bessert eine allergenarme Ernährung oftmals die Symptome von ADHS. Die individuell angepasste Ernährung kann dann einen positiven Therapiebeitrag leisten.
Zusätzlich zur Standardbehandlung empfehlen Mediziner daher oft eine Ernährungsumstellung. Einige Nahrungsmittel und Nahrungsmittelzusätze, die häufig Allergien auslösen, sind zum Beispiel Milchprodukte, Eier, Nüsse sowie Farb- und Konservierungsstoffe.
Die Gabe von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren kann nach neuesten Erkenntnissen weder bei Kindern oder Jugendlichen noch bei Erwachsenen zur Behandlung von ADHS empfohlen werden.
ADHS: Diagnose
ADHS kann sich unterschiedlich äußern. Das erschwert die Diagnose. Nicht immer sind alle Anzeichen der Störung vorhanden. Auch lassen sich die ADHS-Symptome oft nur schwer von altersgemäßen Verhaltensweisen abgrenzen.
Deshalb können nur erfahrene Spezialisten die Diagnose ADHS stellen, beispielsweise Fachärzte und -ärztinnen für Kinder- und Jugendmedizin oder Kinder- und Jugendpsychiatrie.
ADHS-Diagnosekriterien
Für die Diagnose ADHS müssen bestimmte Kriterien nach dem Klassifikationssystem ICD-10 erfüllt sein. ADHS-typisch ist ein ungewöhnliches Maß an Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
Bei einer ADS-Diagnose sind die Kinder lediglich unaufmerksam, aber weder hyperaktiv noch impulsiv.
Kriterium Unaufmerksamkeit
Bei ADHS lassen sich mindestens sechs der folgenden ADHS-typischen Symptome von Unaufmerksamkeit erkennen. Sie treten seit wenigstens sechs Monaten auf und sind nicht auf eine altersgemäße Entwicklungsphase zurückzuführen. Die Betroffenen
- beachten Einzelheiten nicht genau oder machen Flüchtigkeitsfehler
- haben Mühe, sich längerfristig zu konzentrieren
- scheinen oft nicht zuzuhören, wenn sie direkt angesprochen werden
- führen oft Anweisungen nicht vollständig aus oder beenden Aufgaben nicht
- haben Mühe, Aufgaben und Tätigkeiten planvoll abzuwickeln
- vermeiden oder verweigern oft Aufgaben, die anhaltende Konzentration erfordern
- verlieren häufig Dinge wie Spielzeug oder Hausaufgabenhefte
- werden leicht durch unwesentliche Reize abgelenkt
- sind oft vergesslich bei Alltagstätigkeiten
Kriterium Hyperaktivität, Impulsivität
Außerdem äußert sich ADHS in mindestens sechs der folgenden ADHS-typischen Hyperaktivitäts-Impulsivitäts-Symptome. Auch diese treten seit mindestens sechs Monaten auf und sind nicht auf eine altersgemäße Entwicklungsphase zurückzuführen. Die Betroffenen
- zappeln oder winden sich auf dem Stuhl
- sitzen ungern und verlassen oft den Sitzplatz, auch dann, wenn Sitzen erwartet wird
- rennen oft herum oder klettern überall hoch, auch in unpassenden Situationen
- sind ruhelos, umtriebig oder benehmen sich oft wie von einem Motor angetrieben
- sind beim Spielen meist sehr laut
- reden oft übermäßig viel
- platzen häufig mit der Antwort heraus, bevor Fragen komplett gestellt sind
- haben oft Mühe zu warten, bis sie an der Reihe sind
- unterbrechen oder stören häufig andere bei Unterhaltungen oder Spielen
Bei Kindern mit ADHS beobachtet man diese Symptome typischerweise bereits vor dem siebten Lebensjahr. Die Anzeichen treten nicht nur daheim oder nur in der Schule auf, sondern in mindestens zwei verschiedenen Umfeldern.
Für die Diagnose ADHS müssen zudem deutliches Leiden oder Schwierigkeiten bei sozialen Kontakten, beim Lernen oder im beruflichen Bereich bestehen.
Fragebögen
Um ADHS festzustellen, verwenden Spezialisten spezielle Fragebögen, mit denen sich verschiedene ADHS-typische Verhaltensweisen strukturiert erfassen lassen.
Wichtig sind dabei Verhaltensauffälligkeiten und Besonderheiten, die Lernen, Leistung oder später den Beruf betreffen. Weitere Themen sind die Familiensituation und Erkrankungen in der Familie.
Auch fragt der Spezialist oder die Spezialistin im Gespräch mit den Eltern beziehungsweise Betroffenen nach Besonderheiten während der Schwangerschaft, der Geburt und in der Entwicklung sowie nach Vorerkrankungen und derzeitigen sonstigen Beschwerden.
Besonders bei erwachsenen Patienten sind auch Fragen zu Nikotin-, Alkohol-, Drogenkonsum und psychiatrischen Erkrankungen relevant.
Vorbereitung auf den Arztbesuch
Eltern können sich auf den Arztbesuch, bei dem eine mögliche ADHS bei ihrem Kind abgeklärt werden soll, auf folgende Weise vorbereiten:
- Beobachten und beschreiben Sie das Verhalten Ihres Kindes: Gibt es aktuelle kritische Ereignisse, die Ursache des ruhelosen Verhaltens sein könnten? Wann treten die Aufmerksamkeitsstörungen auf (Tageszeit, Schultage etc.)?
- Sprechen Sie mit den Betreuern Ihres Kindes (z.B. Großeltern, Betreuer in Kindergarten, Schule oder Hort) über dessen Verhalten.
Befragung der Eltern, Bezugspersonen und Lehrer
Für eine ADHS-Diagnostik bei Kindern befragt der Spezialist oder die Spezialistin Eltern und andere Bezugspersonen zu Sozial-, Lern-, Leistungsverhalten und der Persönlichkeitsstruktur des Kindes. Folgende Fragen könnte Inhalt des Erstgesprächs sein:
- Kann sich Ihr Kind längere Zeit auf eine Tätigkeit konzentrieren?
- Ist Ihr Kind zappelig, wenn es stillsitzen soll?
- Redet Ihr Kind häufig dazwischen oder auch besonders viel?
- Ist Ihr Kind leicht ablenkbar?
Die Lehrer können wertvolle Auskunft zur intellektuellen Leistungsfähigkeit und zum Aufmerksamkeitsverhalten des kleinen Patienten geben. Schulhefte geben anhand von Ordnung, Führung, Schrift und Einteilung ebenfalls Hinweise auf eine mögliche Störung. Zeugnisse dokumentieren die schulischen Leistungen.
Gespräch mit dem Kind
Für die Abklärung einer möglichen ADHS sind auch Angaben des Kindes selbst hilfreich. Man kann es zum Beispiel fragen, ob es sich gut konzentrieren kann, sich von sozialen Gruppen ausgeschlossen oder generell nicht zugehörig fühlen.
Da dies sehr heikle Fragen sind, kann es sinnvoll sein, dass Eltern solche Themen bereits vor dem Arztbesuch mit ihrem Kind besprechen.
Körperliche Untersuchungen
Der Arzt oder die Ärztin untersucht die motorische Koordinationsfähigkeit des Kindes und beurteilt sein Verhalten bei der Untersuchung. Dazu beobachtet er oder sie die Kooperationsfähigkeit, Gestik, Mimik, Sprache und Lautäußerungen des Kindes.
Eine Messung der Hinströme im EEG ist nur erforderlich, wenn zum Beispiel der Verdacht auf Epilepsie besteht.
Verhaltensbeobachtung
Während des Gesprächs und der Untersuchungen beobachtet der Arzt oder die Ärztin das Kind und achtet auf Verhaltensauffälligkeiten.
Manchmal helfen Videoaufnahmen, die Diagnose eines ADHS zu sichern. Anhand solcher Aufzeichnungen können Mediziner hinterher den Eltern die Auffälligkeiten ihres Kindes in Mimik, Gestik und Körpersprache oder die Aufmerksamkeitsabbrüche demonstrieren.
Außerdem zeigen die Aufzeichnungen die Reaktion der Eltern im Umgang mit dem Kind.
Wiederholte Aufnahmen während einzelner Termine dokumentieren den Therapieverlauf.
Abgrenzung der ADHS von anderen Störungen
Wichtig ist es, ADHS von anderen Problemen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen. Auf psychologischer Ebene kann das beispielsweise eine verringerte Intelligenz oder eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) sein. Auch eine Zwangsstörung kann eine ADHS-ähnliche Hyperaktivität verursachen.
Nach Möglichkeit vergleichen ADHS-Spezialisten ihre Untersuchungsergebnisse mit Vorbefunden des Kindes, zum Beispiel der Einschulungsuntersuchung. In manchen Fällen gründet die Hyperaktivität aber auch auf körperlichen Ursachen. In Betracht kommen zum Beispiel Stoffwechselstörungen, Epilepsie, Ticstörungen, das Tourette-Syndrom, krankhafter Juckreiz, Seh- oder Hörproblemen.
Viele Fehldiagnosen
Experten gehen davon aus, dass ADHS bei Kindern oft vorschnell diagnostiziert wird. Nicht jedes besonders aktive oder quirlige Kind hat ADHS. Manche Kinder bekommen vielleicht einfach nicht genug Bewegung, um ihre Energie auszuleben.
Andere brauchen mehr Rückzugs- und Erholungsmomente als andere Kinder und sind deshalb überdreht. Dann reichen Änderungen im Lebensstil oft schon aus, um die Lage zu entspannen.
Wichtig ist deshalb eine genaue Diagnostik von einem erfahrenen Kinderarzt beziehungsweise einer Kinder- und Jugendpsychiaterin.
ADHS: Hochbegabung ist selten
Wenn Kinder in der Schule scheitern, liegt das nicht zwangsläufig an mangelnder Intelligenz. Einige Kinder mit ADHS sind überdurchschnittlich intelligent und haben dennoch große Schwierigkeiten im Unterricht. Die Kombination „ADHS + Hochbegabung“ ist jedoch eher selten.
Vielmehr diagnostizieren Mediziner bei hochbegabten Kindern manchmal fälschlicherweise ADHS. Denn die Sprösslinge sind aufgrund ihrer hohen Intelligenz in der Schule oft unterfordert und verhalten sich darum unruhig und störend..
Als hochbegabt gelten Kinder, wenn sie in einem Intelligenztest einen Wert von über 130 Punkten erreichen. Solche Kinder zeichnen sich in der Regel durch eine besonders gute Konzentrationsfähigkeit aus, die bei ADHS nicht besteht.
ADHS: Krankheitsverlauf und Prognose
ADHS ist keine Störung, die sich einfach "auswächst". Bei einem Teil der Kinder verschwinden die Symptome mit den Jahren, bei etwa 60 Prozent bleiben sie jedoch ein Leben lang bestehen.
ADHS ist nicht heilbar. Die richtige Therapie kann den Betroffenen aber eine normale Entwicklung und ein möglichst normales Leben ermöglichen. Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung gibt sich nicht von alleine. Dafür braucht es aber viel Geduld - und die gut abgestimmte Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Übrigens: ADHS hat keine Auswirkungen auf die Lebenserwartung. Diese entspricht der von Menschen ohne Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung.
ADHS-Prognose – Folgen ohne Behandlung
Für Menschen mit ADHS sind die richtige Diagnose und eine passende Behandlung essenziell, da sie sonst schwerwiegende Probleme in der Schule oder im Beruf sowie im sozialen Kontakt bekommen können.
- Manche schaffen die Schule nicht oder erlernen einen Beruf, der nicht ihren geistigen Fähigkeiten entspricht.
- Es fällt einigen schwerer, soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
- Das Risiko, in der Jugend straffällig zu werden, ist bei ADHS höher.
- Sie erleiden häufiger Unfälle, darunter auch schwere.
- Für Menschen mit ADHS besteht zudem ein hohes Risiko, weitere psychische Störungen zu entwickeln. Dazu gehören
- Entwicklungsstörungen
- Lernstörungen
- Störungen des Sozialverhaltens
- Tic-Störungen und das Tourette-Syndrom
- Angststörungen
- Depressionen
Im Verlauf einer ADHS-Erkrankung ändern sich die Symptome. Während Kinder mit ADHS vor allem durch ihre Hyperaktivität und Impulsivität auffallen, zeigen sich Jugendliche mit ADHS oft eher verträumt und unaufmerksam. Im Erwachsenenalter nimmt die Hyperaktivität meist weiter ab.
Bisher gibt es noch keine umfassenden Studien zur Prognose von ADHS. Wichtig ist, dass ADHS rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Eine professionelle Unterstützung ermöglicht es Kindern, die Grundlagen für ihre berufliche Laufbahn zu legen.
Author: Mr. William Harvey Jr.
Last Updated: 1703268602
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