Die Belgier sind nicht nur das reichste Volk der Welt – nein, sie sind es auch zum ersten Mal. Das geht aus dem sogenannten "Global Wealth Report" hervor, übersetzt also dem "Globalen Wohlstandsbericht", der jedes Jahr von der schweizerischen Credit Suisse veröffentlicht wird.
Aber was heißt das konkret in Zahlen? Das sogenannte "Mittlere Vermögen" oder "Median-Vermögen" der Belgier beträgt pro Kopf demnach 249.940 US-Dollar - umgerechnet rund 228.600 Euro.
Was aber bedeutet "Median-Vermögen"? Etwas vereinfacht gesagt ist es der Wert, der die Bevölkerung in zwei gleich große Teile trennt. Die Hälfte der Belgier besitzt also weniger als das Median-Vermögen, die Hälfte mehr.
Platz elf beim Durchschnittsvermögen
Das bedeutet aber auch, dass das Median-Vermögen nicht das gleiche ist wie das Durchschnittsvermögen. Denn dabei werden alle Vermögen zusammengezählt und dann durch die Anzahl der Bürger geteilt. Auch das Durchschnittsvermögen ist für den "Global Wealth Report" übrigens berechnet worden. Dabei schneiden wir aber deutlich schlechter ab. Beim Durchschnittsvermögen landet Belgien nur auf dem elften Platz, hebt der bekannte Ökonom Geert Noels gegenüber der VRT hervor.
Das Median-Vermögen ist für den Wirtschaftsexperten aber die beste, weil genaueste Herangehensweise. Denn im Gegensatz zum Durchschnittsvermögen wird das Median-Vermögen nicht etwa durch Extremwerte wie eine kleine Gruppe Superreicher oder eine große Gruppe bettelarmer Menschen verzerrt.
Der Wohlstandsbericht hat aber noch eine vielleicht überraschende Aussage über Belgien parat: Die Vermögensungleichheit ist in Belgien am kleinsten, sprich das Vermögen ist am gerechtesten verteilt.
Wenn man dem Wohlstandsbericht glauben will, müssten in Belgien also eigentlich fast schon utopische Vermögenszustände herrschen. Haben wir also alle bisher einfach nur eine total verzerrte Sichtweise auf die Wirklichkeit gehabt?
Natürlich nicht, wie auch Ökonom Noels unmissverständlich klarmacht. Bei dieser Berechnung müsse man sich schon Fragen stellen. Vergleichbare Vermögensdaten seien nicht für alle Länder verfügbar oder zumindest nicht einfach zu bekommen.
Große Sparer
Und es komme immer ganz stark darauf an, was überhaupt berücksichtigt werde – und was nicht. Die Credit Suisse habe drei Posten einbezogen in ihre Analyse: Sparguthaben inklusive Aktien und Anleihen, Immobilienwerte und Schulden.
Bekanntermaßen werden Belgier nicht nur mit einem Backstein im Bauch geboren, sondern sind auch als Rekord-Sparer berüchtigt – beide nationale Eigenheiten katapultieren sie in der Berechnung also nach vorne.
Staatsbesitz nicht mitgerechnet
Andere Posten lässt der Wohlstandsreport hingegen ganz außen vor. Zum Beispiel alles, was ein Staat besitzt oder in seinen Rentensystemen steckt, wird nicht berücksichtigt. Zur Veranschaulichung: Belgien zum Beispiel hat sehr hohe Staatsschulden, Norwegen hingegen einen prall gefüllten staatlichen Pensionsfonds – würde das in die Berechnung einfließen, sähe das Ranking wohl ganz anders aus.
Aber nicht nur das: Verschiedene Länder seien gar nicht erst in das Ranking aufgenommen worden, zum Beispiel das überaus wohlhabende Luxemburg. Auch da könne man sich Fragen stellen, so Noels.
Natürlich klinge es erstmal gut, das reichste Land der Welt zu sein. Aber gegen diese Berechnung gebe es doch erhebliche Einwände, der Realität entspreche die Aussage wohl eher nicht.
Boris Schmidt
Author: Toni Robinson
Last Updated: 1704219842
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